Apparative und methodische Entwicklungen an Großforschungseinrichtungen

Für die Strukturforschung mit atomarer Auflösung haben Neutronen- und Synchrotronstrahlungsquellen einen Evolutionsschub bewirkt. Die Diffraktometer, zunächst konventionellen Röntgeninstrumenten nachempfunden, wurden bald den besonderen Strahlungseigenschaften angepaßt.

Für die Neutronenstreuung war ein wichtiger Schritt die Errichtung des Hochflußreaktors am Institut Laue-Langevin in Grenoble. Nachdem anfänglich die Strukturanalyse hinsichtlich Leichtatomen, insbesondere Wasserstoff-Isotopen, vorherrschte, gewann die Nutzung des kontinuierlichen Neutronen-Spektrums, einschließlich Verschiebung seines Intensitäts-Maximums durch „heiße“ und „kalte Quellen“, der Zeitstruktur von gepulsten Quellen, des magnetischen Momentes (magnetische Strukturen, polarisierte Neutronen) und des gut meßbaren Energie-Übertrages mittels inelastischer Neutronen-Streuung (Dynamik, siehe Abschnitt 8) zunehmende Bedeutung. Das in Deutschland seit Jahren bestehende Defizit an Neutronenquellen nat Neuentwicklungen verzögert und damit Nachholbedarf erzeugt. Die Konzeption neuer Methoden und Instrumente für Spallations-Neutronenquellen ist eine weitere Herausforderung für die nächsten jahre.

Kristallographie mit Synchrotronstrahlung wird fast ausschließlich im mittel- bis kurzwelligen Röntgengebiet mit einer Teilchenenergie E>2keV betrieben, in Deutschland hauptsächlich im HASYLAB bei DESY. Sie erfordert Kompatibilität der Geräte mit den speziellen Strahlungseigenschaften und damit vielfach Abkehr von tradierten Instrument-Typen. Die Synchrotronstrahlung ermöglicht qualitativ neuartige Experimente: Nutzung der Durchstimmbarkeit der Primärstrahlung (z.B. für energie-dispersive Pulverdiffraktometrie, anomale Dispersion, EXAFS), ihrer Kollimation (z.B. Hochauflösung, Interferometrie, stehende Wellen), ihrer Polarisation (nicht-Bragg-Streuung, atomare Anistropien, Röntgen-Kristalloptik) und der Zeitstruktur (Kinetik). Diese Forschungszweige entwickeln sich zur Zeit stürmisch.

Bei beiden Strahlungsarten besteht intensive Wechselwirkung zwischen dem Bau neuer Strahlungsquellen, vor allem sogenannter „dedicated sources“ (in Europa z.B. der European Synchrotron Radiation Facility, Grenoble), der Konzeption von Instrumenten und der Ausarbeitung neuer Methoden durch Physiker und Kristallographen.