Stipendien – Bewerten und Verfassen

Erkenntnisse nach der erstmaligen Bewertung

von Melanie Nentwich

Die meisten jungen Forschenden bewerben sich im Laufe ihrer Karriere um ein Stipendium. Aber wie macht man das eigentlich? Was wird erwartet? Was sind die Unterschiede zwischen den geforderten Unterlagen? Diese Fragen habe ich mir auch schon öfter gestellt. Nachdem ich nun vor kurzem die Gelegenheit hatte, die „andere Seite“ zu sehen, möchte ich meine Erfahrungen mit euch teilen.

Für die meisten Stipendien wird ein „Motivationsschreiben“ und ein „Empfehlungsschreiben“ erbeten, verfasst von den Bewerbenden selbst bzw. von ihren Professor:innen. Die Realität sieht jedoch oft so aus, dass beide Schreiben von den Antragstellenden selbst verfasst werden. Wie kann man also vermeiden, die gleichen Phrasen und Informationen zweimal zu schreiben? Und wie erhöht man die Chancen, ein Stipendium zu erhalten?

Außerdem möchte ich euch einen Einblick in die Arbeit eines Stipendienkomitees geben, da ich mich selbst immer gefragt habe, wie viel Arbeit das ist und ob ich das neben meinen täglichen Aufgaben bewältigen kann.

Die Arbeit im Komitee

Etwa 2 Monate vor der Veranstaltung erhielt das Komitee die Unterlagen zu den 20 Bewerbungen: ein Motivationsschreiben, eine Empfehlung sowie den Poster-Abstract.

Das Komitee beschloss rasch einige allgemeine Regeln für die Bewertung:

  • Die Rangliste soll nach rein wissenschaftlichen Gesichtspunkten erstellt werden
    • Was können die Teilnehmenden beitragen?
    • Was können sie lernen?
  • Persönliche Aspekte werden nicht berücksichtigt
    • Bedürftigkeit
    • Geschlecht
    • Herkunft
    • Institut

Jedes Komiteemitglied durfte ein persönliches Bewertungssystem erstellen. Die sich daraus ergebenden individuellen Punktelisten wurden auf eine gemeinsame Skala gebracht und zur Erstellung der Gesamtwertung aufaddiert.

So weit, so gut. Aber wie soll ich mein Ranking erstellen? Vor allem für wissenschaftliche Bereiche, von denen ich nichts weiß. Im Web suchte ich nach Tipps, die nicht nur zur vorliegenden Veranstaltung passten, sondern auch in einem allgemeineren Kontext nützlich erschienen [1, 2]. Nach den ersten Bewerbungen habe ich die Kriterien verfeinert, weil mir klar wurde, dass einige Punkte nicht gut funktionierten.

Insgesamt habe ich 3 Stunden für die Erstellung der Bewertungskriterien und je 15 Minuten für jede einzelne Bewerbung benötigt. Das macht insgesamt 8 Stunden Arbeit.

Tipps für die Bewerbung

Um ein Stipendium zu erhalten, musst du dich zu aller erst bewerben. Klingt einfach, oder? Dann los! Die Konkurrenz ist nicht so groß, wie du vielleicht denkst!

Dein Dokument sollte so gestaltet sein, dass andere Leute es lesen wollen. Deshalb solltest du generell die folgenden Regeln beachten

  • Benutze eine vernünftige Schrittgröße (zwischen 10pt und 13pt sollte ok sein).
  • Beachte die Limitierung auf EINE A4-Seite: schreib nicht mehr, aber auch nicht wesentlich weniger.
  • Benutze keine Hintergrundfarbe (drucken/scannen/kopieren beeinträchtigen die Lesbarkeit stark).

Beide Schreiben sollten sich von den anderen Bewerbungen abheben. Deshalb solltest du deine Aussagen mit Beispielen belegen, sonst wirkt der Text sehr generisch.

Generell fällt es mir immer schwer, mich selbst zu loben. Aber wie kann ich mich trotzdem abheben und meine Stärken zeigen? Und was sind überhaupt meine Stärken? Es hat mir sehr geholfen, als ich eine Übersicht von Soft Skills aus verschiedenen Kategorien gefunden habe [3]. Ich konnte nun entscheiden, ob meine Führungsqualitäten eher im Bereich Vertrauen, Kreativität oder Coaching liegen. Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, war es für mich einfach, passende Beispiele zu finden.

[Dieser letzte Tipp ist auch für Bewerbungen sehr hilfreich!]

Motivationsschreiben

Der Brief sollte DICH hervorstechen lassen. Neben den obligatorischen Angaben musst du Details hinzufügen, mit denen du in (positiver) Erinnerung bleibst.

Obligatorische Informationen

  • Name des Bewerbenden
  • Veranstaltung
  • Nützlichkeit des Stipendium und der Veranstaltung
  • Hintergrund des Bewerbenden (Universität, Forschungsbereich, Abschluss)

Interessante Details

  • Aktivitäten außerhalb des Lehrplans, übernommene Verantwortung, …
  • Heben Sie sich ab! (Farbe, Unterschrift, Layout, …)

Außerdem…

  • Falls um ein Abstract gebeten wurde, fokussier nicht zu stark auf den wissenschaftlichen Inhalt deiner aktuellen Forschung.
  • KEIN inhaltleeres Geschwurbel

Darüber hinaus habe ich die Sprachkenntnisse nicht bewertet. Dies würde einen starken Vorteil für Muttersprachler bedeuten, ohne dass es dafür einen wissenschaftlichen Grund gäbe.

Empfehlungsschreiben

Das Empfehlungsschreiben sollte eine allgemeinere Perspektive darstellen. Auch hier geht es um grundlegende Informationen, die mit denen im Motivationsschreiben übereinstimmen müssen. In der Praxis werden neue Empfehlungen auf Grundlage alter Dokumente geschrieben, um Zeit zu sparen. Oft sind die Bewerbenden hierfür selbst verantwortlich. Achtet darauf, alle notwendigen Details zu ändern!

  • Geschlecht
  • Name (der Veranstaltung und des Bewerbenden)
  • Abschluss
  • Datum/Jahr der Veranstaltung

Leider hatte ich mehr als eine Empfehlung, die aus weniger als 10 Zeilen bestand. Für mich ist das ein Zeichen für eine oberflächliche Beziehung zwischen Betreuenden und Betreuten und dafür, dass es an Interesse für den/die Studierende:n mangelt.

Außerdem haben mir die Empfehlungen nicht gefallen, in denen die Betreuenden ihren eigenen beruflichen Werdegang in allen Einzelheiten beschreiben, um zu erklären, warum sie die Studierenden und ihre Berufsaussichten beurteilen können. Professor:innen sind nicht umsonst in ihrer Position, ich werde ihrem Urteil (in einer Empfehlung) vertrauen. Kein Grund also den Platz dafür zu verschwenden.

Die Beschreibung des Charakters und der Fähigkeiten des Bewerbenden ist ein wichtiger Teil des Schreibens und sollte durch Beispiele belegt werden. Ich habe ein schönes Beispiel in den Bewerbungen gefunden (übersetzt aus dem Englischen, daher leider nicht mehr ganz so elegant):

[Die Person] war in der Lage, [ihre] Zeit für das Projekt effektiv einzuteilen, während [sie] gleichzeitig unter dem Druck stand [Vorlesungen zu halten/hören] sowie [Seminararbeiten auszuarbeiten/zu bewerten]. Obwohl das Projekt erst vor wenigen Monaten begann, hat [die Person] nicht nur essenzielle Fertigkeiten im Bereich der [Probenpräparation] und modernster [spezieller] Experimente erworben, sondern auch äußerst wichtige, analytische Fähigkeiten im Bereich der [Datenauswertung]. Dadurch hebt [sie] sich von [ihren Kommilitonen/Kollegen] deutlich ab und konnte bereits beeindruckende Fortschritte erzielen, die am Ende des Projekts [zu einer Veröffentlichung führen dürften].

Abstract

Für „mein“ Stipendium, wurde zusätzlich ein Abstract des Posterbeitrags bewertet. Zunächst hatte ich Angst, dass ich die Qualität der Forschung beurteilen müsste, was nicht möglich ist, da ich kein Experte für ALLE kristallografischen Themen bin (und die anderen Ausschussmitglieder ja auch nicht). Stattdessen habe ich mich auf die Vollständigkeit und die Kohärenz der Zusammenfassung konzentriert. Leider konnte ich mehr als einmal keine Punkte vergeben, weil der Titel nicht angegeben war.

  • Nenne Titel, Ziele, Zusammenfassung und liste alle Methoden/Materialien/…
  • Gibt der Titel das Ziel und die Zusammenfassung wieder?

Referenzen

  1. https://expd.uw.edu/scholarships/faculty-staff/serving-on-selection-committees/general-guidelines-for-reviewing-scholarship-applications/
  2. https://www.eflm.eu/upload/docs/Procedure_to_evaluate_bursary_applications.pdf
  3. https://www.indeed.com/career-advice/career-development/professional-skills