Alle biologischen Vorgänge werden von Nucleinsäuren (DNS) und Proteinen (Eiweißen) reguliert und ausgeführt. Diese Prozesse lassen sich nur verstehen, wenn die räumlichen Strukturen solcher kompliziert aufgebauten Makromoleküle und insbesondere die Geometrie ihrer aktiven Zentren in atomarem Detail bekannt sind. Da sich Nucleinsäuren, Proteine und sogar intakte Viren kristallisieren lassen, sind sie der Röntgenstrukturanalyse zugänglich, wodurch die Kristallographie eine Schlüsselfunktion in der Molekularbiologie erhalten hat.
Die Gentechnologie erlaubt, ein Protein strukturell und damit funktionell weitgehend zu verändern. Dieses „Protein-Design“ ist gezielt nur bei bekannter Struktur des jeweiligen Proteins möglich, was den Bedarf an Strukturanalysen nochmals ansteigen ließ. Methodische Neuerungen, wie z.B. die Entwicklung von Flächenzählern und die Verfügbarkeit von intensiver Synchrotronstrahlung, gestatten die rasche Messung der umfangreichen Daten. Effizientere Computer und graphische Bildschirme ermöglichen „on-line“ Interpretation der Daten und Darstellung der komplizierten Strukturen. Rechner-Simulationen erweitern Strukturanalyse und „Protein-Design“, da sie zeitabhängig dynamische Abläufe darstellen, insbesondere die Komplexbildung mit kleineren Molekülen, die auf Proteine regulierend wirken.
Wesentlich für „Protein-Design“ ist die Verfügbarkeit immer umfangreicherer Datenbanken, die vor allem kristallograpisch gewonnene Strukturdaten enthalten. Die Kristallographie gewährt damit der Grundlagenforschung wichtige Einblicke in die Biologie und hat neue Möglichkeiten in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung eröffnet.