Kristallographie von Oberflächen und Grenzflächen

Jeder Festkörper ist von Oberflächen begrenzt. Ein Atom oder Molekül, das direkt an der Oberfläche liegt, hat aufgrund seiner Grenzflächen-Umgebung gegenüber einem in der Mitte des Festkörpers liegenden Teilchen eine veränderte atomare Umgebung. Moleküle, die aus der angrenzenden Gas- oder Flüssigkeitsphase auftreffen, können eine chemische Wechselwirkung eingehen und eine weitere Veränderung der Oberflächenstruktur bewirken. Diese Prozesse bilden die Grundlage der heterogenen Katalyse oder von Korrosionsprozessen; auch in der Mikroelektronik kommt mit der Verkleinerung der Dimensionen den Oberflächen und Grenzflächen eine immer stärker wachsende Bedeutung zu. Der Schlüssel zum Verständnis der Eigenschaften von Oberflächen und Grenzflächen liegt, neben der Direktabbildung mit Elektronenmikroskopie oder Raster-Tunnelmikroskopie, in der Analyse ihrer Struktur mittels kristallographischer Methoden.

Technisch genutzte Festkörper, wie sie z.B. als Katalysatoren eingesetzt werden, sind meist polykristallin. Zweckmäßigerweise werden zur Untersuchung der an ihnen ablaufenden Elementarprozesse Einkristalle als Modellsysteme verwendet. Die Aufklärung der atomaren Struktur erfolgt vorzugsweise durch Anwendung der Beugung niederenergetischer Elektronen (LEED). Aber auch Methoden der Röntgenstrukturanalyse, unter Einschluß von Synchrotronstrahlung, gewinnen in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung.